Vorplanung Kesselsdorfer Straße (Reisewitzer Straße bis Rudolf-Renner-Straße)
Stellungnahme zur Vorplanung Kesselsdorfer Straße zwischen Reisewitzer Straße und Rudolf-Renner-Straße (V2054/17)
Dresden, den 27. Januar 2018
Sehr geehrte Damen und Herren,
in den kommenden Sitzungen des Bauausschusses wie auch des Ortsbeirats Cotta wird die Vorplanung für den „mittleren“ Teil des Kesselsdorfer Straße behandelt (V2054/17). Dabei geht es um die zukünftige Straßenraumgestaltung im Ortsteilzentrum Löbtaus.
Grundsätzliches
Für uns ist es unverständlich, warum diese Planung ohne vorherige Bürgerbeteiligung bzw. -versammlung beschlossen werden soll. Bei der letzten Veranstaltung zur Zentralhaltestelle – am 28.11. letzten Jahres – waren deutlich über 200 Besucher anwesend, das Interesse für die westliche Fortsetzung des Projektes dürfte kaum geringer sein. Auch in Dresden hat sich schon oft gezeigt, dass Bürgerversammlungen vor dem Beschluss größerer Projekte nicht nur wertvolle Anregungen liefern können, sondern auch zur Versachlichung von Debatten führen und Entscheidungen „über die Köpfe der Bürger hinweg“ vermeiden helfen.
Wir bitten Sie, zeitnah – noch vor einem endgültigen Beschluss – eine öffentliche Beteiligungsveranstaltung nachzuholen und die sich daraus ergebenden Anregungen bei der dann folgenden Entscheidung zu berücksichtigen.
Zur Planung
Im östlichen Teil wird überwiegend der bei der Zentralhaltstelle beschlossene Boulevard weitergeführt. Wir sind weiterhin davon überzeugt, dass es unvereinbar mit der Funktion der Straße als Zentrum Löbtaus ist, den von weit über tausend FußgängerInnen pro Tag genutzten Gehweg zugunsten von etwa einem Dutzend Parkplätzen einzuschränken – zumal die Auslastung der Parkdecks an der Löbtau-Passage weiterhin gering ist und auch im sonstigen fußläufig erreichbaren Umfeld Parkplätze zur Verfügung stehen. Auch zukünftig wird dem (u.a. gastronomischen) Einzelhandel dort keine zusätzlichen Flächen bspw. für Mobiliar oder Auslagen auf dem Gehweg zur Verfügung stehen.
Völlig unangemessen ist die Planung für den Bereich westlich der Wernerstraße: der dortige Querschnitt entspricht eher einer Ein- bzw. Ausfallstraße in einem Industriegebiet denn den Ansprüchen eines Ortsteilzentrums. Vier Fahrsteifen und dafür nur noch schmale Gehwege werden der Bedeutung der „Kellei“ als Einkaufsmeile nicht gerecht, geschweige denn entsprechen sie dem „Boulevard“, für dessen Einrichtung u.a. der Ausbau der Coventrystraße als parallele Route erfolgte. Die Gehwege würden durch den Umbau sehr viel schmaler werden – der nördliche Gehweg verliert über 2 m Breite. Für die Einordnung von Bäumen, ursprünglich eines der zentralen Anliegen der Umgestaltung der Straße, ist kein Platz mehr im Planungsentwurf. Zudem müssten westlich der Rudolf-Renner-Straße auch bestehende Bäume ersatzlos gefällt werden.
Dabei ist dieser Abschnitt kaum weniger von Passanten frequentiert als der östliche Bereich der Planung – auch aufgrund der mehr als zehn dort befindlichen Geschäfte ist er gemäß dem am 19.04.2007 vom Stadtrat beschlossenen Zentrenkonzepts ebenfalls Teil des Ortsteilzentrums. Zudem ist der Bereich aufgrund des Annenfriedhofs städtebaulich besonders sensibel, er wäre eher ein Kandidat für eine anspruchsvolle platzartige Gestaltung denn für die Degradierung zur reinen Verkehrsachse.
Wir bitten Sie deshalb in diesem Abschnitt den im östlichen Teil geplanten Fahrbahnquerschnitt weiterzuführen und dementsprechend…
- in Fahrtrichtung West auf den zweiten Fahrstreifen zugunsten der Gehwege sowie der Einordnung von Bäumen zu verzichten, sowie
- in Fahrtrichtung Ost die Verwaltung zumindest prüfen zu lassen, ob der Verzicht auf die separaten Abbiegespuren vor der Kreuzung Rudolf Renner Straße sowie der Kreuzung Wernerstraße (in einen oder beiden Fällen) möglich ist (Variante 1) und falls nicht, der östliche Abbiegestreifen verkürzt bzw. in einen Querungsstreifen für den Fußverkehr (siehe z.B. Bahnhofstraße in Cottbus) integriert werden kann (Variante 2).
Denn aus unserer Sicht ist in Fahrtrichtung West der zweite Fahrstreifen verzichtbar. Sowohl die Wernerstraße, wie auch die östliche Kesselsdorfer Straße haben jeweils nur einen Fahrstreifen pro Richtung. Da zeitgleich immer nur Fahrzeuge aus einer der beide Straßen einfahren können, benötigt auch die Kesselsdorfer Straße in diesen Abschnitt nur einen Fahrstreifen. Bereits heute wird meist nur ein Fahrstreifen benutzt, die meisten Kfz-Führer fahren hintereinander auf einem Fahrstreifen. Für die Straßenbahn kann durch entsprechende Koordinierung der Lichtsignalanlagen auch bei einem gemeinsam mit dem Kfz-Verkehr genutzten Fahrstreifen eine hohe Verkehrsqualität sichergestellt werden. Eine Koordinierung der beiden Kreuzungen ist so oder so notwendig (und laut Vorlage auch geplant). Mit nur einem Fahrstreifen würde auch das gefährliche „Autorennen“ nach der Abfahrt der Straßenbahnen an den Haltestellen beendet werden. Denn sehr oft versuchen Kfz mit hoher Beschleunigung an den Straßenbahnen vorbeizufahren, um noch schnell vor der nächsten Ampel oder Haltestelle vor die Tram zu „springen“.
Und auch für die Fahrtrichtung Osthalten wir den zweiten Fahrstreifen für entbehrlich. In Mittellage könnte ein Querungsstreifen mit Aufpflasterung aufgenommen werden, in dem eine mögliche Linksabbiegerspur für den Kfz-Verkehr integriert werden kann. Aus der Vorlage wird nicht deutlich, ob das bisher überhaupt untersucht wurde, Variantenvergleiche fehlen dort. Auch hier bitten wir dringend um Nachbesserung – für eine sorgfältige, die Belange aller Akteure berücksichtigenden Entscheidungsvorlage ist zwingend die Kenntnis möglicher Alternativen erforderlich. Diese sollten dann dem Bauausschuss, dem Stadt- und Ortsbeirat sowie auch der interessierten Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht werden.
Angesichts der zahlreichen querenden Fußgängerinnen und Fußgänger ist nicht einmal ausgeschlossen, dass sich die Wartezeit für Fahrzeugführer bei schmalerer Fahrbahn sogar verringert. Denn breite Fahrbahnen verlängern die Zeit, die Fußgänger an Signalanlagen brauchen – und währenddessen müssen Fahrzeuge entsprechend angehalten werden. Dieses Problem führte bspw. auch bei der geplanten Sanierung der Bautzner Straße vor dem Diakonissenkrankenhaus (Prießnitzbrücke) zum Verzicht auf einen (weiteren) Fahrstreifen, da dieser zusätzliche Fahrstreifen die Leistungsfähigkeit für den Kfz-Verkehr verringert hätte. Ggf. kann die dortige Planung als Vorbild dienen, da beide Situationen bzgl. Straßengeometrie vergleichbar sind (Straßenbahn in Ost-West-Richtung, relativ starker abbiegender Kfz-Verkehr, LSA in kurzem Abstand). Wir bitten um Prüfung dieses Sachverhalts.
Abschließend möchten wir Sie bitten…
- den Bereich vor dem Annenfriedhof mit in die Planung einzubeziehen, um den derzeit eher ungefassten und willkürlich asphaltierten Bereich vor dem Friedhof als würdige Eingangssituation zum Friedhof platzartig zu gestalten und
- an den Einmündungen von Bünau- und Poststraße Gehwegüberfahrten einzuordnen. Gehwegüberfahrten können die Abgrenzung zwischen der Hauptverkehrsstraße Kesselsdorfer Straße und dem Nebenstraßennetz verdeutlichen und damit einen wirksamen Beitrag zum Schutz der Bewohner vor Schleichverkehr beitragen. Gerade bei der Bünaustraße muss aufgrund der dortigen besonders sensiblen Situation (Kirche, Grundschule, 4 Standorte mit Kindertagesstätten, Spielplatz, Sportplatz, 2 Turnhallen) baulich verdeutlich werden, dass es sich um eine „beruhigte“ Straße handelt. Auch für den Fall einer späteren Fahrbahnsanierung der Bünaustraße und einer situationsgerechten Umgestaltung (bspw. zur Fahrradstraße mit Kfz-Freigabe, um den Radverkehr von den Gehwegen fern zu halten).
Wir bitten Sie, dies alles bei Ihrer Entscheidung zu berücksichtigen. Wir hoffen, dass Sie sich gegen eine breite Verkehrsschneise und für das Zentrum Löbtaus entscheiden. Denn ein Ortsteilzentrum mit kleinen Einzelhandelseinrichtungen, wie sie entlang der Kesselsdorfer Straße dominieren, lebt vor allem von der fußläufigen Erreichbarkeit, von Passanten und Bewohnern des Umfelds. Und damit von einer Straßenraumgestaltung, die zum Zu-Fuß-Gehen anregt und ein Mindestmaß an Aufenthaltsqualität bietet.
Löbtau feiert dieses Jahr 950-jähriges Jubiläum. Sie haben es in der Hand, dass im Jubiläumsjahr von Löbtau die Degradierung der Kellei auf die Beschreibung „Ausfallstraße“ oder „Zubringer zur A17“ (siehe Wikipedia) nicht weiter zunimmt und die Kesselsdorfer Straße als Ortsteilzentrum und Geschäftsstraße nicht endgültig zum Sterben verdammt ist. Sie können den Prozess in die Hand nehmen und die „Kellei“ mit einer ambitionierten, städtebaulich attraktiven, zukunftsfähigen, mutigen und letztlich auch fußverkehrsfreundlichen Planungsvariante wieder zur alten Lebensader in Dresden-West machen.
Wir wünschen Ihnen gutes Gelingen dabei und freuen uns, wenn unsere Forderungen, Wünsche und Anregungen Ihnen dabei behilflich sind.